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FUSSNOTEN

  • Autorenbild: Birgit Fuß
    Birgit Fuß
  • 19. Feb. 2021
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 13. Apr. 2021

Dem Tod mutig begegnen: Claudia Cardinal „Sterbe- und Trauerbegleitung: Ein Handbuch“ (Patmos)

„Dying is easy. It’s living that takes real courage.“ Diesen Satz von Danny Sugerman habe ich vor vielen Jahren, 1989, in seiner Autobiografie „Wonderland Avenue“ mit Leuchtstift markiert. Dem zweiten Teil stimme ich immer noch zu, beim ersten glaube ich, dass Sugerman, der 2005 starb, es inzwischen wahrscheinlich selbst besser weiß. Sterben ist für niemanden, der daran beteiligt ist, leicht. Für die, die sich auf den Weg machen, ist es im besten Fall auch eine Erlösung, für die Mutigsten eine Art Abenteuer. Für die, die zurückbleiben, ist es fast immer ein Schock (bei Unfällen oder plötzlichem Tod), bei längeren Prozessen dazu noch eine große Kraftanstrengung, vor allem seelisch.


Von all den körperlichen Plagen abgesehen, von manchmal widrigen Umständen in Krankenhäusern, von Zukunftsängsten und Existenzfragen: Der Abschied ist auch eine Herausforderung für die Liebe. Jemanden beim Sterben zu begleiten heißt oft auch, sich von dem Bild zu verabschieden, das man bisher von dem Menschen hatte. Der einst so kräftige Geliebte ist jetzt vielleicht schwach, die Frau die früher alles im Griff hatte, kann sich kaum noch bewegen. Wenn die Körperlichkeit nachlässt und nur noch ein sanftes Handhalten oder Streicheln passend ist, kann das schwer auszuhalten sein – vor allem wenn das eigene Bedürfnis, den anderen noch einmal ganz fest zu umarmen, im Wissen, dass es vielleicht das letzte Mal ist, übermächtig wird. Und doch: die Belohnung dafür, wenn es gelingt, einigermaßen gleichmütig und ruhig das Sterben zu begleiten, ohne Ansprüche oder Erwartungen, könnte sein, dass der Tod dann ein inniger Moment wird. Dafür lohnt es sich allemal, es zu versuchen.


Ein Grund, warum ich mich entschieden habe, meine Ausbildung bei Claudia Cardinal zu machen (www.sterbeamme.de), war dieses Buch: „Sterbe- und Trauerbegleitung: Ein Handbuch“. Nicht nur finden sich darin ganz viele wertvolle Fallbeispiele und Hilfestellungen, vor allem mochte ich sofort, wie Claudia über die Menschen in solchen Extremsituationen schreibt. Sie redet beides niemals klein: weder den Menschen noch die Situation. Ist selbstverständlich? Schön wär’s. Aus Hilflosigkeit passiert es nicht selten, dass die Leute in der Umgebung entweder die Lage beschönigen („Das wird schon wieder“) oder die Betroffenen wie Kinder behandeln und mit gut gemeinten Ratschlägen überhäufen. Manche erstarren auch einfach oder ziehen sich zurück, lassen Sterbende oder Trauernde vor lauter eigener Angst lieber allein.

Claudia schildert die verschiedensten Situationen direkt und ohne unnötiges Pathos, und sie schlägt angemessene Lösungen vor – immer mit der Prämisse, dass jedes Sterben und Trauern so individuell ist wie der Mensch selbst. Es geht um Würde und Frieden, um Gnade und Heilung, auch um die Balance zwischen Nähe und Distanz. Um mögliche Hindernisse auf dem Weg in eine andere Welt, um Konflikte und Verzeihen, und zu all diesen Themen gibt es nicht nur hilfreiche Geschichten, sondern aus Literatur- und Film-Tipps, Übungen und viele praktische Hinweise. Und sie lässt immer den Raum offen für schöne Überraschungen inmitten des Chaos, für Zuversicht und Hoffnung. Unter all den Zitaten, die am Anfang der Kapitel stehen, ist mein liebstes wohl: „Mindestens so oft, wie Lebende Toten die Augen schlossen, haben Tote Lebenden die Augen geöffnet.“ (Gregor Brand)



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